Teil 3: Der wahrscheinlichste Ursprung der Corona-Pandemie
So wie in Teil 2 die Verfolgung der Hintergründe des Krieges in der Ukraine ein weites Feld aus Kausalketten eröffnet hat, die alle in Richtung der ökologischen Kernursache führen, so passiert es auch bei der Reflexion der Pandemie durch das Virus SARS-CoV-2. Dabei wird die nach logischem Ermessen mit Abstand wahrscheinlichste Lösung zu dem Rätsel erkennbar, wie das Virus von anderen Tieren auf den Menschen wechselte.
Eine grundlegende Verbindung der Pandemie durch das Virus SARS-CoV-2 zu der ökologischen Kernursache ist zunächst auch hier wieder dadurch gegeben, dass die Zahl der Menschen auf der Erde ohne den lenkenden Eingriff in die Evolution anderer Lebewesen nur einen kleinen Bruchteil der aktuellen Populationsgröße betragen könnte. Hinzu kommt, dass die auf dem zivilisatorischen Fundament zuletzt entwickelten Technologien und hierbei insbesondere der Flugverkehr die schnelle und großflächige Ausbreitung des Virus auf dem Planeten ermöglichte. Viele Epidemiologen hatten deswegen schon seit Jahrzehnten die Entstehung neuer Pandemien vorausgesagt und tun dies auch für die weitere Zukunft.
Komplexer und interessanter ist die Untersuchung der konkreten Frage, von wo und wie denn nun das SARS-Cov-2-Virus (s. Bild: elektromikroskopische Fotografie dieses Virus) auf den Menschen übergewechselt ist. Als weitgehend unstrittig gilt, dass seine Vorfahren, so wie die vieler anderer den Menschen befallenden Viren auch, lange Zeit in Populationen von Fledertieren existiert haben müssen, zu denen die Fledermäuse und die Flughunde gezählt werden. Fachkundige Wissenschaftler können dies durch die Abgleiche der Genome von Viren aus solchen Tieren mit dem Erreger der Krankheit Covid-19 recht sicher erkennen. Sie finden bei ihren Analysen genetische Gerüste, die so weitreichend gleich sind, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit eine gemeinsame evolutionäre Vergangenheit gehabt haben müssen.
Die früheren Vorfahren von SARS-CoV-2 existierten mit großer Wahrscheinlichkeit in Fledertieren
Fledermäuse und Flughunde haben Eigenschaften als langfristiges Reservoir für viele Viren, ohne dabei selbst zu erkranken. Dies hängt damit zusammen, dass viele ihrer Arten tagsüber und im Winter sogar oft monatelang in großer Zahl eng zusammengedrängt in Höhlen verbringen. Den Viren bieten sich so ideale Bedingungen für besonders hohe Mutationsraten. Da diese Lebensweise der Fledertiere über viele Millionen Jahre verlief, hat sich ihr Immunsystem weitreichend auf eine schadlose Koexistenz mit ganzen Virenfamilien eingerichtet. Das gilt aber eben nur für sie, nicht hingegen für andere Tiere, die mit den Ergebnissen dieser viralen Massenmutationen in Kontakt kommen. Wenn diese also etwa zufällig den auf eine Frucht gefallenen Kot einer Fledermaus mitessen, dann könnten sie sich mit einer Virusvariante infizieren, die auf ihren eigenen Körper pathogen oder auch innerhalb ihrer Population infektiös wirkt.
Die besagten Analysen der Genome zeigen also auf, dass frühere Vorfahren von SARS-Cov-2 mit großer Wahrscheinlichkeit in Fledertieren existierten. Aber sie deuten nach ebenso weit überwiegender Fachmeinung auch darauf hin, dass diese Vorfahren dann vor dem Wechsel auf den Menschen zunächst in mindestens einer anderen Tierart existiert haben müssen und dort möglicherweise viele Jahre weiter evolvierten. Dies wiederum wird vermutet, weil es über die gleichen genetischen Gerüste hinaus Unterschiede gibt, die sich ohne eine solche Weiterentwicklung abseits der Fledertiere kaum erklären lassen.
Es gab in den vergangenen Diskussionen eine dazu grundsätzlich abweichende Meinung, nach der diese Unterschiede am wahrscheinlichsten von Menschen in einem Labor verursacht wurden. Gezielte Veränderungen von aus Fledertieren isolierten Viren sind tatsächlich seit vielen Jahren ein Betätigungsfeld von Forschungseinrichtungen, die damit eine vorausschauende Erkennung von viralen Gefahrenpotenzialen bezwecken. Ein solches auf Fledertierviren spezialisiertes Labor befindet sich einige Kilometer entfernt von dem oft als erster bekannter Übersprungsort von SARS-CoV-2 auf den Menschen vermuteten Marktes in der Großstadt Wuhan. In vielen Medien gab es irreführende Darstellungen, nach denen das Labor sogar in direkter Nachbarschaft des Marktes lag. Was so zumindest für den Laien als die heißeste aller Spuren erschien, wurde von den meisten jener Wissenschaftler, die sich intensiv mit der genetischen Struktur des Virus beschäftigen, als unwahrscheinlich erachtet. Die Hauptgründe liegen erneut in der Anordnung der ausgelesenen genetischen Sequenzen [8].
Nach der weit überwiegenden Fachmeinung gab es zwischen Fledertier und Mensch mindestens eine andere Tierart als Zwischenwirt
Man kann sich als nicht entsprechend spezialisierter Wissenschaftler kaum so weit in die extrem komplexen Zusammenhänge eines Virengenoms vertiefen, dass daraus eine eigene kompetente Meinung zu den detaillierten genetischen Fragen entsteht. Aber möglich ist es, sich die Essenz der verschiedenen Meinungen dieser Forscher anzuschauen und daraus Wahrscheinlichkeiten herzuleiten. Wer das tut, wird erkennen, dass der sogenannten „Labortheorie“ keine bedeutende Rolle mehr zukommt. Die große Mehrheit der Fachleute geht davon aus, dass es mindestens einen Zwischenwirt in Form einer anderen Tierart gab. Allerdings haben sich in dieser Mehrheit zwei tendenzielle Lager mit unterschiedlichen Meinungen gebildet:
Das erste dieser Lager nimmt eher an, dass der Zwischenwirt frei in der Natur lebte und ein direkter Übersprung etwa im Wildtierhandel stattfand. Da auf dem besagtem Markt neben anderen Produkten sowohl Fleisch von erjagten Tieren angeboten wurde als auch lebendige Tiere, die in der Natur eingefangen worden waren, wäre so auch der Ursprungsort erklärbar. Außerdem wird argumentiert, dass der Handel und Verbrauch dieses sogenannten „Bushmeat“ im Verlaufe des Jahres 2019 generell stark angestiegen war. Dies passierte, weil ab August 2018 in China und anderen asiatischen Ländern die Bestände der großen Schweinezuchtindustrie als Hauptfleischlieferant teilweise zusammenbrachen, als dort aggressive Varianten des Afrikanische Schweinepest-Virus (ASF-Virus) grassierten. Nach Schätzungen sind bis 2020 mehrere Hundert Millionen Zuchtschweine entweder direkt durch die ASF-Krankheit verendet oder wurden notgeschlachtet. Es gab nie in der Erdgeschichte eine Epidemie, in der mehr große Wirbeltiere einem einzigen Virus zum Opfer fielen. In der Folge stiegen nicht nur die Preise für Schweinefleisch stark an, sondern eben auch die Nachfrage nach Bushmeat.
Das zweite Lager tendiert zu der Meinung, dass die direkten Vorfahren des SARS-CoV-2-Virus sich vor dem Übersprung auf den Menschen in den Populationen von „Nutztieren“ aufhielten. Da es so regelmäßig auch zu Kontakten mit Menschen kam, hätten sie sich zunächst unauffällig an die Eigenschaften menschlicher Zellen anpassen können. Als Indizien werden die hohen Stabilitäten in der Population des Menschen und ebensolche Fähigkeiten zum Ausweichen vor den Waffen des menschlichen Immunsystems genannt. Des Weiteren wurde ohnehin bereits seit Jahren in zahlreichen Studien davor gewarnt, dass in den in immer höherer Zahl und Konzentration gehaltenen Säugetieren neue pathogene Varianten verschiedener Viren entstehen könnten. In den Studien ging es oft um Corona-Viren und sie klingen im Rückblick mitunter wie hellseherische Voraussagen der Zukunft. Hier als Beispiel Auszüge aus einer im Jahr 2018 im renommierten Magazin „Cell“ erschienen Studie [6]:
„Zur Beantwortung dieser dringenden Fragen sollten eingehende epidemiologische Untersuchungen und umfassende Analysen dieser neuartigen Coronaviren durchgeführt werden. (…)
Es wurde bereits berichtet, dass Schweine anfällig für eine Infektion mit humanem SARS-CoV und MERS-CoV sind. Zusätzlich zeigt die CD26-Rezeptorsequenz-Alignierung von Schwein und Mensch eine Ähnlichkeit von 94,5 Prozent, was für eine mögliche artenübergreifende Übertragung ausreicht.“
Als im Oktober 2019 das World Economic Forum gemeinsam mit der „Bill-und-Melinda-Gates-Foundation“ eine Simulation einer globalen Pandemie durch pathogene Viren durchführte, da wählten die beauftragten Wissenschaftler folgendes – von ihnen also offenbar als am wahrscheinlichten eingeschätzte – Szenario: In mexikanischen Schweinezuchtanlagen nach Insekten jagende Fledermäuse infizierten über ihren auf den Boden fallenden Kot die Schweine mit Coronaviren. Diese mutierten dann einige Zeit unbemerkt in den zusammengedrängten Populationen. Dann wechselte eine Variante auf den Menschen und verteilte sich durch den Flugverkehr innerhalb von Wochen über alle Kontinente.
Dass dieses fiktive Szenario einer Corona-Pandemie fast unmittelbar vor einer tatsächlichen Corona-Pandemie durchgespielt wurde, befeuerte die Phantasie vieler Menschen, die vorher gar nicht wussten, in welch intensiver Weise insbesondere die potenziellen Gefahren neuer Übersprünge aus der unüberschaubar großen Familie der Corona-Viren seit Jahren im Visier der einschlägigen Wissenschaften stehen.
Die Zwischenwirte der jüngst vorangegangenen Corona-Übersprünge waren „Nutztiere“
Potenzielle neue Gefahren für Menschen durch Corona-Viren waren vor SARS-CoV-2 vor allem durch zwei Übersprünge auf den Menschen in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt. Diese betrafen das Virus SARS-CoV(-1) im Jahr 2002 und das Virus MERS-CoV in 2012. Beide wuchsen sich nicht zu einer globalen Pandemie aus, fielen aber durch hohen Sterberaten auf. An MERS starben 890 von 2585 infizierten Personen. Beide Viren haben weitere Gemeinsamkeiten: Nach der überwiegenden Fachmeinung existierten ihre Vorfahren ebenfalls in Fledertieren und es gab mindestens einen Zwischenwirt, bei dem es sich aber nicht um ein frei lebendes Tier handelte.
Für SARS-CoV(-1) gelten als Zwischenwirte die im Rahmen der chinesischen Pelzindustrie gezüchteten und in Massenanlagen gehaltenen Schleichkatzen (Zibetkatzen) und ebensolche Marderhunde. Nach Aussage des Virologen Christian Drosten, der maßgeblich an der Erforschung von SARS-CoV(-1) und MERS-CoV beteiligt war, ist diese Erkenntnis auf der Grundlage mehrerer chinesischer Studien aus 2003 und 2004 „gesichert“ [7]. Im weiteren Fachkreis wird dies ebenfalls zumeist so gesehen [8]. Für Drosten liegt übrigens die größte Wahrscheinlichkeit hinsichtlich der Zwischenwirte von SARS-CoV-2 ebenfalls wieder im Bereich der chinesischen Pelzzuchtindustrie.
Hinsichtlich der Zwischenwirte von MERS-CoV gibt es zahlreiche Nachweise, nach denen es sich um gezüchtete Kamele gehandelt hat. Dieses Ergebnis der Suche war recht schnell zustande gekommen und gilt als weitgehend unstrittig. Bei den meist auf der Arabischen Halbinsel in die Krankenhäuser eingelieferten Patienten handelte es sich überwiegend um ältere Männer, die Kontakt zur Kamelzucht hatten [9]. An den Tieren vorgenommene Abstriche lieferten dann die Bestätigung.
Mit Blick auf diese Vorgeschichte gewinnt das Lager derjenigen, die „Nutztiere“ als wahrscheinlichsten Zwischenwirt von SARS-CoV-2 annehmen, einen großen Vorsprung. Und auch wenn in der Wissenschaft vor einem soliden Beweis niemals etwas anderes ausgeschlossen würde, rücken sowohl die „Labor-Theorie“ als auch die eines direkten Übersprunges aus freien Tieren hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit entsprechend weiter nach hinten. Dies verstärkt sich noch durch Erkenntnisse der letzten Jahre, nach denen möglicherweise andere Corona-Viren aus Populationen von „Nutztieren“ heraus schon Anlauf nehmen zur Entfachung der nächsten Pandemie beim Menschen.
Weitere potenziell gefährliche Corona-Viren wurden identifiziert – und zwar wieder in „Nutztieren“
Ein bereits empirisch beschriebenes Beispiel ist das zuvor unbekannte, in 2016 quasi aus dem Nichts plötzlich in der chinesischen Schweinehaltungsindustrie aufgetauchte Coronavirus SADS-Cov. Wenn dieses von dort auf den Menschen überspringt, wäre es also von vorneherein kaum bestreitbar, dass es aus den Populationen von „Nutztieren“ stammt. SADS-Cov weist erhebliche Ähnlichkeiten zu SARS-Cov-2 auf. Auch sind sich die involvierten Forscher auf der Grundlage des sequenzierten Genoms praktisch einig, dass die früheren Vorfahren beider Viren in Populationen der gleichen Art von Fledermäusen aus der Gruppe der Hufeisennasen existierten.
Im Oktober 2020 veröffentlichten Wissenschaftler der University of North Carolina at Chapel Hill eine Studie zu der Frage, ob das SADS-CoV Virus auch menschliche Zellen infizieren und sich in ihnen vermehren kann. Und das im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) veröffentlichte Ergebnis bestand darin, dass dies sogar bei allen in dem Versuch verwendeten Zellen gut funktionierte, darunter Lungenzellen, Atemwegsepithelzellen, Endothelzellen, Fibroblasten und solche aus dem Verdauungstrakt [10].
Würde SADS-Cov bei den Menschen die nächste globale Pandemie auslösen, so könnte es einen gravierenden Unterschied zu der Covid-19-Krankheit geben. Bei erwachsenen Schweinen führt die Infektion mit SADS-Cov nur zu wenigen Todesfällen oder verläuft sogar symptomlos. Junge Ferkel hingegen starben zu rund 90 Prozent ab, ohne dass es eine Behandlungsmöglichkeit gab.
Wenn die nächste aus der ökologischen Kernursache herausspringende Pandemie zu einem rasant verlaufenden globalen Massensterben menschlicher Kinder führt, dann wäre das Geschehen rund um SARS-CoV-2 kaum noch erwähnenswert. Und mit Blick darauf, welche Erschütterungen die insofern relativ harmlose Pandemie erzeugt hatte, könnte das ohnehin schon auf der wackligen Kippe stehende System der Zivilisation durch eine einzige ökologische Eskalation in sich zusammenfallen wie ein fragiles Kartenhaus.
Eine wirkliche Antwort zu der Frage, wo der Ursprung der SARS-CoV-2-Pandemie liegt, kann also durch die hiesige Analyse zwar nicht geliefert werden. Aber vor dem Hintergrund der gezeigten Beispiele ist nach logischem Ermessen irgendeine Haltung von „Nutztieren“ der wahrscheinlichste Ort des Übersprunges des Erregers auf den Menschen.
[6] https://www.cell.com/trends/microbiology/comments/S0966-842X(18)30060-X
[7] https://www.republik.ch/2021/06/05/herr-drosten-woher-kam-dieses-virus
[8] https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/111184/Wissenschaftler-beweisen-dass-SARS-CoV-2-durch-natuerliche-Selektion-entstanden-ist
[9] https://www.who.int/emergencies/disease-outbreak-news/item/2022-DON363
[10] https://www.merkur.de/welt/coronavirus-sads-cov-schweine-lunge-verdauungstrakt-china-menschen-uebertragung-forschung-pandemie-zr-90070697.html
Abschließendes Fazit der Serie „Die ökologische Kernursache aller Eskalationen“
An den Beispielen des Krieges in der Ukraine und der Pandemie durch das SARS-CoV-2-Virus lassen sich die aus der Kernursache herauswachsenden Kausalketten deutlich erkennen. Schon weil es unmöglich ist, vorauszusehen, wie und wo die nächsten Eskalationen auftreten, gäbe es nur eine einzige Chance, die Kausalitäten zu unterbrechen: nämlich durch das Aushebeln der Kernursache. Um den Hebel ganz unten anzusetzen, bräuchte es eine schnellstmögliche kollektive Aufklärung über den Gesamtzusammenhang der Natur und eine entsprechende radikale Neuausrichtung von Wissenschaft und Lehre. Die acht Milliarden Menschen, die aktuell auf dem instabilen Fundament der Zivilisation existieren, könnten zwar zumeist nicht zum Jagen und Sammeln zurückkehren. Aber theoretisch könnten sie auf der Grundlage dieser Aufklärung die extremsten Auswüchse der Widernatürlichkeit zügig zurückfahren. Solche hochgradig perversen Esakalationen wie die industrielle Massentierhaltung ließen sich innerhalb kürzester Zeit abschalten ohne dass deswegen Hungerkatastrophen ausbrächen. Auch würden bestimmt vielfältige sonstige freiwillige Anpassungen erfolgen, welche vom starken Rückfahren des Konsums bis zur ebensolchen Reduzierung der Fortpflanzung reichen könnten.
Nun erhalten wir im ZEIS Verlag immer wieder mal Rückmeldungen mit einem ganz bestimmten grundsätzlichen Einwand zu unserem Versuch der Aufklärung. Dabei wird unseren Darlegungen der ökologischen Zusammenhänge meist nicht widersprochen und sogar zugestimmt. Die Vorhaltung lautet vielmehr, dass ein Kollaps der Zivilisation doch das Beste sei, was dem irdischen Leben insgesamt passieren könne. Denn dann, so die Argumentation, wäre es schnell vorbei mit der Zerstörung der Natur, mit der extremen Perversion der industriellen Massentierhaltung und den vielen anderen von diesem System verursachten destruktiven Wirkungen. Ein Prozess der Aufklärung würde demnach nur zu einer Verlängerung all dessen führen, ohne dass es realistische Chancen einer so radikalen Veränderung gäbe, wie sie für ein kollektives Zurückfahren der Zivilisation auf freiwilliger Basis nötig sein würde.
Es gibt zu diesem Einwand folgenden Haken: Mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit würde der Kollaps der Zivilisation keineswegs zu einem plötzlichen Ende aller Destruktionen führen. Das Geschehen eines nach dem Kollaps entstehenden „finalen Slums“ könnte auf globaler Ebene eher solchen Zuständen ähneln, wie sie sich auch schon ganz aktuell in Regionen beobachten lassen, in denen die zivilisatorischen Strukturen zusammengebrochen sind. Die Menschen dort haben dann nichts mehr zu verlieren, wodurch die Zerstörung der natürlichen Umwelt durch Abholzungen, Vernichtung der verbliebenen freien Tierpopulationen, Vergiftungen der Gewässer und vielem mehr verstärkt wird.
Ein dazu passendes Phänomen war kürzlich auch in der Wohlstandsinsel Mitteleuropa erkennbar, und zwar als jeweilige Folge der beiden in der hiesigen Serie thematisierten Eskalationen. Die Corona-Pandemie hatte unbestreitbar viele positive Effekte dadurch, dass sich zum Beispiel Flugverkehr und andere ökologisch schädliche Faktoren reduziert haben. Allerdings ist gleichzeitig die Aufmerksamkeit gegenüber ökologischen Themen weithin geschrumpft. Die Leute hatten plötzlich ein „wichtigeres“ Thema. Deswegen wurde auch die extreme Perversion der Massentierhaltung keineswegs als mögliche Ursache diskutiert und zurückgefahren, sondern sie geriet sogar noch weiter aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit als sie es ohnehin schon war. Der anstehende Mangel an Energieträgern aus dem Osten in Folge des Ukraine-Krieges wiederum hat sogar „ökologische“ Parteien wie Die Grünen zu weitgehender Aufweichung früherer Haltungen veranlasst. Und der Krieg selbst verursacht in der Ukraine massive ökologische Schäden. Dort wo die Kriegshandlungen stattfinden, werden Gewässer und Böden mit Ölen, Quecksilber und vielen anderen Substanzen kontaminiert.
Es ist somit absehbar, dass nach dem ersten (bisher noch nicht stattgefundenen) größeren Durchschlag des Zersetzungsprozesses in die Wohlstandsinseln die dortige Sensibilität gegenüber jeglichen ökologischen Themen fast völlig versiegen wird. Und der „finale Slum“ könnte sich von da an noch über viele Jahre oder sogar Jahrzehnte mit ungebremst eskalierender Zerstörung des Ökosystems hinziehen. Auch was die Ausbeutung der versklavten „Nutztiere“ angeht, wird es erst recht keine Grenzen oder gar neue Rücksichtnahmen mehr geben. Und schließlich werden auch die Menschen selbst in dauerhafte Elendszustände geraten, die jene der aktuellen Zeit jedenfalls quantitativ weit übersteigen. Der bessere Weg wäre also mit großer Wahrscheinlichkeit die besagte Aufklärung und eine darauf folgende geordnete Abwicklung des destruktiven Systems.